Jeder kennt es, und auch wer keines in seinem Wohnzimmer zu Dekorationszwecken zur Schau stellt, sich nicht mit Japanologie oder historischen Kriegskünsten beschäftigt, weiß, was sich hinter dem (abgesehen von ‚Sushi‘) international wahrscheinlich bekanntesten japanischen Wort verbirgt.
Das Katana, auch kolloquial als Samuraischwert bekannt, ähnelt in seiner Form sehr stark dem etwas längeren ‚Tachi‘. (Anm.: das jap. Kurzschwert ist kein Katana). Das charakteristische an diesem Schwerttypus ist, dass die Klinge (bzw. der Klingenrücken) leicht nach hinten gekrümmt ist. Diese Eigenschaft hatte – je nach Einsatzzweck eines Schwerts Gewisse Vor- und Nachteile.
Warum ist die Klinge des Katana nicht gerade?
Je stärker eine Klinge gekrümmt ist, desto schlechter eignet sie sich zum Stechen. Dafür erhöht sich die Wirkungskraft von Hieben und Schnitten auf Nahdistanz, da der Schwertkämpfer (anders als bei geraden Langschwertern) nicht zwingend mit dem vorderen Teil der Klinge treffen muss, um eine hohe Wirkung zu erzielen. Ein geübter Schwertkämpfer konnte so größere Wunden verursachen, als wenn die Klinge gerade (vgl. Gladius, Wikingerschwert, Normannenschwert) gewesen wäre.
Das Katana war entgegen vieler Irrtümer nicht die Hauptwaffe der Krieger, die sie trugen. Vielmehr diente es berittenen Bogenschützen als Zweitwaffe, womit sich die im Vergleich zum Tachi kürzere Klinge erklären lässt.
Behauptungen, die besagen, das Katana beziehungsweise die japanische Schwertmacher- und Schwertkampfkunst seien den Schwertern und Künsten anderer Völker, Regionen und Epochen grundsätzlich überlegen gewesen, sind historisch nicht haltbar.
Doch auch unter denjenigen, die vom namentlich wohl bekanntesten Schwerttypus nicht so begeistert sind, wie so mancher Japan- und Anime-Fan, kursiert ein verbreiteter Irrtum: Das Katana sei nur für den Kampf gegen schwach geschützte oder gänzlich ungepanzerte Gegner geeignet gewesen. Das ist allerdings ebenso inkorrekt, wie die Annahme, das Katana sei die höchste Entwicklungsstufe des Schwerts im Allgemeinen.
Fakt ist: Schwer gepanzerte Krieger zu überwinden, wie man sie in Europa im Spätmittelalter vorfinden konnte, war nicht Sinn und Zweck dieses Schwerttypus. (Was dem Katana eine Wirkung unterstellen würde, die es schlicht und ergreifend nicht aufbringen kann.) Das dürfte für die mit dieser Art von Schwert ausgerüsteten Krieger jedoch nicht im Geringsten ein Problem gewesen sein, da ihnen keine Gegner mit Plattenrüstung in die Quere kamen. Es gab sie im ostasiatischen Raum nicht.
Ebenso ist Fakt, dass das Katana im Einsatz gegen Rüstungen, wie sie in Japan dazumal vorkamen durchaus Effektiv war, auch wenn man mit dem längeren und schwereren Tachi eine höhere Panzerbrechende Wirkung erzielen konnte.
Die Härte der Klinge
Der Klinge des Katana wird oftmals unterstellt, sie sei unglaublich hart und zugleich enorm elastisch gewesen. Wahr ist, dass versucht wurde, das Schwert so zu schmieden, dass diese beiden (gegensätzlichen) Eigenschaften so gut wie möglich vereint wurden. Zu elastische Klingen wären wirkungslos gewesen und ein Mangel an Elastizität (d.h. eine zu harte Klinge) hätte das Samuraischwert unbrauchbar – da zu brüchig und spröde – gemacht. Allerdings gilt dies für alle anderen japanischen und nichtjapanischen Schwerter in gleichem Maße. Um eine optimale Kombination aus Härte und Elastizität zu erreichen, schmiedete man das Katana so, dass sich im inneren ein „Kern“ aus relativ elastischem Stahl befand, der von hartem Stahl ummantelt war. Diese Schmiedeweise erforderte von den Schwertmachern maximale Professionalität: Bildeten sich Risse im äußeren Teil der Klinge, wurde diese Unbrauchbar und die aufwendige Vorbereitung war umsonst. Der in der äußeren Schicht verwendete Stahl war im vergleich zu anderen Schwertern tatsächlich außerordentlich hart (im Vergleich zu anderen Schwertern).
Abnutzung
Trotz aufwendigster Produktion und sorgfältiger Pflege konnte nicht verhindert werden, dass ein viel genutztes Katana sich abnutzte. Das liegt daran, dass bei jedem Nachschärfen einer Klinge winzige Schicht Stahl abgetragen wird. Mit der Zeit wurde die Schwertklinge also immer schmaler und dünner, bis der Samurai schlussendlich ein neues Schwert benötigte.
Gefalteter Stahl
Wie beim Damaszenerstahl wurde auch bei der Fertigung japanischer Schwerter der Stahl mehrfach gefaltet, wobei die genaue Schmiedetechnik sich jedoch unterschied. Dies ermöglichte in vorindustrieller Zeit dem Stahl optimale Eigenschaften zu geben. Nichtsdestotrotz ist moderner (homogener) Stahl in qualitativ Allem, was früher produziert werden konnte überlegen.
Fazit
Oft driften historische Wahrheit und moderner Mythos im Laufe der Zeit immer weiter auseinander, was mitunter zu Missverständnissen und Fehlinterpretationen geschichtlicher Tatsachen führen kann. Klischees, Verallgemeinerungen, Fehleinschätzungen und Versimplifizierungen sind in Bezug auf fremde Kulturen und vergangene Epochen oft persistent. Durch pseudowissenschaftliche und historisch ungenaue Dokumentarfilme, dadurch, dass so Manches zeitlich sehr weit von uns entfernt ist und daher subjektiv als realitätsfern bezeichnet werden kann, sowie durch die Idealisierung dessen, was man ‚cool‘ findet, kann es leicht geschehen, dass Tatsachen verzerrt und selektiv wahrgenommen werden. Ebenso können Vorurteile auch durch Zitate und Berichte von Zeitgenossen (meist der Sieger) zum Erhalt und Fortbestand unpräziser Vorstellungen beitragen. Die um das Katana kursierenden Mythen sind nur Ausdruck eines weltweit und epochenunabhängig auftretenden Phänomens.
Mehr Erfahren
Wer mehr über das Katana und andere Schwerter erfahren möchte, kann sich einschlägiger Literatur bedienen.